Philippa Perry und Junko Graat: Couch Fiction kunstmann, 150 Seiten

Ein Comic über Psychotherapie? Ja warum eigentlich nicht, wenn es Comics über schreckliche Dinge wie den Holocaust, den 11. September oder so langweilig-langsame Tätigkeiten wie „Spazieren gehen“ gibt. Und: es gibt eine sehr erfolgreiche Fernsehserie, die allein darauf besteht, einen Therapeuten und seine Patienten zu zeigen. Dieser Comic zeigt Auszüge aus der Therapie eines fiktiven Kleptomanen, eines Mannes, der seine Gefühle verbirgt und wie es nunmal Freud und Co glauben und belegen können, seine Wurzeln für das Leiden und Tun in der Kindheit findet. Die Gespräche, vor allem die Träume aber sind echten Patientengeschichten entnommen.


Die Autorin ist selbst erfahrene Therapeutin und kommentiert das Comic Geschehen in aufschlussreichen, fachterminifreien, klugen Fußnoten. Die stehen natürlich darunter, führen aber eher auf die Meta-Ebene einer Psychotherapie, wirken manchmal, als wenn ein Supervisor die Aufzeichnung einer Therapie bewertet und für Studiumsanfänger erläutert. Die Comic Bilder und der Sprechtext sowie die Gedanken von Therapeut und Klient (er heißt hier so und nicht „Patient“) sind gewissermaßen das sichtbare Geschehen, zeigen die First Hand Reaktionen. Die Fußnoten aber erläutern die Schritte und Gedanken, analysieren das Gesagte und Gedachte, kommentieren das Verhalten beider Beteiligter. Dort wird auch erklärt: es gibt keine perfekte Therapie, keinen Therapeuten, der alles richtig macht. Fehler geschehen, Irrwege werden gegangen, Profis verhalten sich menschlich, narzistisch und verletzt - und doch zeigen die meisten Therapien Erfolge. Die hier gezeigte tut das in jedem Fall. Mit allen bekannten Phasen der Abwehr, der Erkenntnis, der Wut und der Idealilsierung des Therapeuten (die berühmten Woody Allen Momente, wenn er sich in die Therapeutin verliebt).


Wer sich fragte, wie soll das überhaupt gehen, man redet über sich die ganze Zeit und irgendwann fühlt man sich nicht mehr depressiv, klaut nicht mehr aus Gewohnheit, hat keinen Putzfimmel, keine Panikattacken, keine Wutanfälle, keine Errektionsstörungen mehr? Genau dieses Mysterium, diese großartig und irgendwie wissenschafliche Methode, aber auch literarische Art und Weise der „Heilung“ durch eine Erzählung, der kann man hier beim Geschehen zusehen. Unterhaltsam, lehrreich und ohne die Schwere aus 100 Jahren wissenschaftlicher psychotherapeutischer Forschung. Dagegen aber mit Offenheit und Klarheit, die Zweiflern und Zögerern vielleicht Mut macht, sich dem oft schmerzhaften, erschütternden Weg einer Therapie zu stellen.