Andreas Rossmann: Der Rauch verbindet die Städte nicht mehr, Verlag der Buchhandlung Walther König, 263 Seiten

Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Die größtmöglichen und nie mit Sicherheit zu beantwortenden Fragen der Menschheit, dafür religions- und identitätsstiftend, sie werden auch im Buch des Frankfurter Allgemeine Zeitung Journalisten Andreas Rossmann angegangen - allerdings ganz regional und diesseitig.


Im Ruhrgebiet nämlich, das Rossmann seit 1986 für seine Zeitung als Korrespondent (wenn auch in Köln wohnend ACHTUNG Ortsfremde, das ist Rheinland!) bereist und beschreibt.

Das Buch ist eine Art Best Of Ruhrgebiet-FAZ-Artikel und ein „Was von der Zeitung bleibt“ der letzten knapp 25 Jahre: Berichte, Analysen und Reportagen mit zeitlosem oder noch immer gültigem Inhalt. Schon die ersten Texte des geographisch nach Städten strukturierten Buchs zeigen die drei Überthemen:


1: Was das Ruhrgebiet verbindet (bis heute recht wenig trotz vieler Autobahnen und vergleichbarer Historie)

  1. 2.Wie ein Ballungsraum aus Peripherie bestehen kann

  2. 3.Was werden soll (Kultur, Neuerfindung einer Identität etc.)


Rossmann gelingt es in seiner sehr nüchternen, aber auch sehr genauen Beschreibung von Architektur und Kulturorten seine Kritik an so mancher Entscheidung lokaler Politiker abgehangen und zutreffend erscheinen zu lassen. Was sie auch ist. Dieser Art Entscheidungen gab es in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten einige und nicht immer hat sich Rossmann mit seinen Aussagen zu Kulturhauptstadt oder Ruhrförderungsgewurschtel Freunde gemacht. Doch man liest eine Faszination an dieser Region bei ihm heraus, die er so erklärt: „In Köln ist die Kulturpolitik, im Ruhrgebiet der Strukturwandel das erste Thema. Letzteres finde ich spannender.“ (Interview mit Rossmann zu dem Buch)


Restlos begeistert ist er jedenfalls noch heute von den Ergebnissen der IBA Emscherpark, einem Programm, das über 10 Jahre in einem integrativen Ansatz, architektonische, städtebauliche, soziale, kulturelle, ökologische und ökonomische Projekte zusammengebracht hat und deren Ergebnisse in Gestalt von erstklassigen Gebäuden, Stadtumbau, Sanierungen etc. im Ruhrgebiet tatsächlich etwas verändert haben. Das Ganze wird jetzt als „Emscherkunst“ aber mit dem gleichen kumulativen Ansatz fortgesetzt.

Der „Strukturwandel“ geht ja nun schon einige Jahrzehnte wie ein Gartensprenger immer wieder mit Fördergeldern, Projekten und Innovationsideen über die Region hinweg - vieles dabei hat etwas bewirkt, einiges nicht. Was nach der Lektüre auf jedenfalls festzustellen ist: Ob das im Buch sehr gut und ausführlich vorkommende Essen mit Folkwang, Kino Lichtburg, Ruhrmuseum, Zollverein usw. oder auch Duisburg mit Innenhafen, die Norman Foster Bauten, Küppersmühle oder der grandiose und fast als Modell für andere ehemalige Industrieorte fungierende Landschaftspark Nord - all das sind Belege für einen Wandel.


Natürlich und in der Region ewig gültig - Wandel hin oder her - kommt auch der Fussball vor: Mit einem Text über die nun denkmalgeschützte Südtribüne in Dortmund und dem auf ein neues Wir-Gefühl Hoffnung machenden Ereignis der „Ruhrpott Ruhrpott Rufe“ 1997 als Schalke und Dortmund ihre Europapokalspiele gewannen. Leider zu früh gehofft muss man sagen. Nach wie vor gibt es ein erhebliches Konkurrenzdenken und eine Unfähigkeit der Arbeitsteilung zwischen den Städten. Neben den Haushaltslöchern in vielen Kommunen für eine Entwicklung bleibt das eines der Hauptprobleme.


Ob man nun in der Region wohnt oder nicht: Das kluge und mit Kohle und Stahl Fotos von Barbara Klemm aus den alten Tagen des „Potts“ ergänzte Buch macht Lust auf Besuche. Ich wohne hier, kenne aber doch nur die Hälfte und muss dabei erkennen, das sich ein typisch bornierter Ruhrgebietler bin, der nur selten mal seinen Vorort der propagierten „Metropole“ Ruhr (für Rossmann eine Kopfgeburt) verlässt.

Nun aber stehen auf der Liste: Herne Archäologisches Museum, Duisburg Sir Norman Foster Bauten und Parklandschaft (echt??) Oberhausen.