Jiro Taniguchi / Baku Yumemakura: Gipfel der Götter Bd. 1 & 2 GRAPHIC NOVEL, Schreiber&Leser 2007, 318 + 333 Seiten

Die zufällige Begegnung des junge Bergsteigers und Journalisten Fukamachi mit einem Mythos des Alpinismus Habu Yoshi in Katmandu ist der Auftakt der fünfbändigen Saga um ehrgeizige Männer und ihre Bergabenteuer.  Hier wird nicht das selbstsuchende Wandern auf ausgetretenen Pilgerpfaden a la Jacobsweg erzählt, sondern hier geht es um die Härten von hochalpinen Expeditionen, Solobegehungen der 8000er und Winter Besteigungen der berühmtesten Gipfel Japans, des Himalayas und der Alpen.


Die Geschichte wird als Recherche, ja fast Detektivstory mit vielen Rückblicken in die Leben verschiedenster lebender und toter Bergsteigerlegenden erzählt: Fukamachi stößt in Katmandu nicht nur auf den sagenumwitterten Altalpinisten Habu Yoshi, sondern entdeckt in einem Trödel eine alte Kamera, von der er glaubt, sie könne die von George Mallory sein, jenem Engländer, der möglicherweise als erster 1924 den Everest Gipfel erreichte, aber dabei umkam. Seine Leiche fand man 1999, doch auch sie gab keinen Anhaltspunkt, ob nicht Sir Edmund Hillary der erste Mensch auf diesem Gipfel gewesen sein könnte, sondern eben Mallory und sein Partner Andrew Irvine.

Von Hillary ist jedenfalls die wohl beste Antwort auf die Frage überliefert, warum den jemand überhaupt auf diesen Berg oder einen anderen rauf wolle: „Weil sie da sind.“, soll er gesagt haben. Diesem, wohl nur für Berginfizierte verständlichem Satz, folgen auch die Helden von Gipfel der Götter.


Fukamachi ist zwar kein begnadeter Bergsteiger wie Habu oder sein Konkurrent Hase, doch sein Leben ist davon so stark bestimmt, das er darüber seine Beziehung zerbrechen sieht. Immer unterwegs, fast schon manisch auf der Jagd nach Spuren von Habu senkt er sich in das Leben dieser Männer hinein wie in eine Gletscherspalte. Habu und die anderen der Liga der Außergewöhnlichen leben nur für eine Sache: um an den Steilwänden und Überhängen und Eismassiven und Seraks und Gletscherspalten dieser Welt ihr Leben aufs Spiel zu setzen und als erste und allein die schwierigsten Routen und Gipfel der Erde bezwingen. Einfach weil sie da sind. Die Tat ist die Philosophie und die umgekehrt. Man hat nicht den Eindruck, dass sie tiefere Erkenntnisse in all der Einsamkeit der Berge, ihrer Bindungslosigkeit und Getriebensein finden. Nur dass ihr Leben jeden Moment enden kann. So wie das von allen Menschen - nur dass diese Männer fast sicher wissen, wie sie sterben werden.


Und so wird raumgreifend, langsam, in großartigen Zeichnungen rückblickend vor allem die Geschichte jenes Habu von der Jugend bis zu seinem Scheitern am K2 geschildert, das sich aus den Erzählungen verschiedener Weggefährten und Kletterkameraden des Mannes zusammensetzt. Habu kommt einem manchmal vor wie der japanische Yeti, er hat da und dort Spuren hinterlassen, jemand hat ihn in der Wand, an dem Berg gesehen. Dann ist er wieder verschwunden.


Schon diese zwei Bände, und noch die drei folgenden,  von insgesamt fast 1600 Seiten erzählen eigentlich nicht weniger, als die Geschichte des modernen Bergsteigens anhand ihrer (wahren und vom Autor erfundenen) Helden und Gipfel.

Der rote Faden in diesem ausufernden Bildepos ist die Jagd nach der alten Kamera und der Versuch, den Weg Habus zu rekonstruieren und ihn möglicherweise zu finden.























Die Stille und Langsamkeit, auch die Verbissenheit und der Stoizismus, mit dem die Männer (denn es sind ausschließlich Männer in diesem Buch, von einigen zarten Frauengestalten abgesehen, die Tagebücher eines Berghelden oder in ihrem Herz Gefühle an den Verunglückten aufbewahren), ihre Route nehmen, wie sie sich ihnen bietet, das ist packend, nie langweilig, aber ganz ruhig erzählt.


Taniguchi ist einer der wenigen, dem in Stil und Erzählweise die Fusion des besten aus den zwei Comic Welten gelungen ist:  aus der japanischer Mangatradition und der europäischen, vor allem dem Realismus der franko-belgischen Comic-Kultur. So nah dran , mitten im Berg, mit am Seil habe ich mich nicht mehr gefühlt seit Krakauers In eisigen Höhen oder dem recht gelungenen Bergsteigerfilm Nordwand.

Die anderen 1000 Seiten von Gipfel der Götter werde ich sicher auch noch lesen - wenn ich zurück bin von meinen bescheidenen Kraxeleien in den Alpen vielleicht.