Ingo Schulze: Orangen und Engel Italienische Skizzen, Berlin Verlag 189 Seiten

Die Villa Massimo, Traumort aller Autoren und deutschen Poeten. Es gibt da nur noch die Villa Aurora, ehemals Leon Feuchtwangers Refugium in L.A., die ähnliche Anziehungskraft entwickelt und neben der italienischen die andere typisch deutsche Sehnsucht (Italien=Kultur, Geschichte USA=Weite, Mythen, Freiheit) entwickelt. Ingo Schulze war in Rom und hat mit Matthias Hoch in der Villa Massimo gewohnt und geschrieben (Schulze), fotografiert (Hoch), Reisen unternommen und Lesungen gemacht und außerhalb der Mauern den Alltag Italiens erlebt. Davon und von einigen Begegnungen und (fiktionalisierten?) Abenteuern von Sizilien bis Roma handelt dieses Buch, das unterbrochen wird von zwei Sektionen Fotos. Untypische, um Ortlosigkeit bemühte Bilder, die den Kenner Rom oder eine süditalienische Großstadt erkennen lassen - und sonst meist skurrile Architektur, Straßenszenen, Schaufensterauslagen aus Örtlichkeiten zeigen.


Die Geschichten von Schulze können nicht so überzeugen wie die Fotos. Schulze verortet seine Geschichten zwar genau und schafft eine Art eigene Zeitrechnung um den Risss seiner Archillessehne herum, die ihn dort wohl mehrere Monate quälte, aber die Anekdoten, ob von den Einpackhelfern im Supermarkt, einem afrikanischen Hauswart einer Villa oder ein alter Mann, der auch deutsch spricht und immer an einem Platz in Rom hockt - alle Geschichten wirken allzu willenlos. Als wenn Schulze da in seiner schönen Villa saß, Zeit zum Schreiben hatte, klar, aber dann nur die naheliegendsten Geschichten aufschrieb. Sie wirken wie angefangen und einfach zu Ende geschrieben und dann als Beleg für die Zeit in Rom ausreichende, wenn auch nicht gerade kraftvoll. Es gelingen natürlich trotzdem schöne Momente teutonisch-italienischer Verwirrung in der Stadt und humorvolle Schilderungen des wirklich anderen Lebens in Italien - Globalisierung hin oder her. Nicht nur Berlusconi beweist immer wieder, dass Europa eben auch Vielfalt bis zur Verstörung und Fremdheit bedeutet.