Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung, Dumont 208 Seiten

Warum macht einer oder eine das? Eine Buchhandlung eröffnen, sich über viele Jahre verschulden und dann schuften, schuften und Freunde und Kinder vernachlässigen, um am Ende gerade so viel zu verdienen, dass man den Laden halten kann. Und das alles in diesen amazon-Zeiten. Bücherkauf mit reingehen in einen Laden und angucken und Schlange stehen und dann kaufen oder erst bestellen müssen und wieder hingehen, ist doch total totgeweiht. Online Über alles! Nun die Antwort ist so einfach wie für Pragmatiker, Realisten und Langeweiler suspekt: Aus Lust und der irren Vorstellung, ein Produkt zu verkaufen, hinter dem man (meist) voll und ganz steht - und sei es ein gedrucktes Buch inmitten der digitalen Revolution. Und ein bisschen Naivität und Romantik war auch dabei.


Ok, die beiden kommen aus der Verlagsbranche, als sie sich entscheiden, in Wien eine Buchhandlung zu übernehmen. Diese Entscheidung ist unüberlegt und so hadern sie als sie den Zuschlag bekommen mehr als einmal mit ihrem Tun. Sie kommt eher aus dem Schreiben über Bücher und dem Marketing: er ist gelernter Buchhändler, in den buchseligen 80ern und später erst gar nicht, dann nur am Rand und ganz später hinten im Laden im Büro zugange.

Also schmeißt da eine Frau den Laden, die wie man so schön sagt „On Job“ lernt, wie es geht. Das dürfte viel Zeit und manch Geld gekostet haben. Aber sonst wäre es ja nur eine von den vielen öden rationalen logischen Entscheidungen gewesen...


Eine schöne, witzige, ermutigende, bisweilen auch entmutigende Lektüre. Und von der Romantik wie Harvey Keitel in Smoke, jeden morgen den Laden aufschließen, Kundschaft und Geschichten zu erleben, abends mal davor sitzen, gucken, was passiert, davon bleibt nicht viel übrig. Es ist hölleviel Arbeit. Und Arbeit. Und abends noch Büchertische. Und bekloppte Kunden. Aber auch witzige Begegnungen und Existenzängste im Dauerwachstum und noch mehr Schulden und Geld leihen und Weitermachen und in der  Weihnachtszeit 16-18 Stunden durchgehend verkaufen, reden, verpacken, auspacken, verkaufen, reden… usw. Denn nur in diesen vier Wochen erwirtschaftet der Laden das Einkommen der Eigentümer, der letztlich sein Überleben sichert.


Und so liest man mal staunend mal kopfschüttelnd, mal ein bisschen gelangweilt im immer gleichen manchmal überrascht klingenden Ton diese Erfolgsgeschichte ohne irgendeinen fetten finanziellen Erfolg, liest von dem guten Leben, das die Autorin immer wieder betont zu haben (trotz allem oder gerade deswegen), auch wenn das Leben vor allem aus Arbeit zu bestehen scheint. Bevor sie selbst auch noch anfängt, Krimis zu schreiben und ja schließlich auch dieses Buch, das man gerade liest, geschrieben hat. Nebenher. Irgendwie.

Sie kommt trotz busybusy-Sein sympathisch rüber und ihr Laden auch. Und auch die Art, wie er Erfolg hat, ohne dass dazu Wachstumsstrategien entworfen wurden. Sondern einfach, weil offenbar die Liebe zum Buch und die Bereitschaft zu schuften als Basis funktionieren.


Es ist ja so: wenn es sie nicht mehr gäbe, die kleinen, kämpfenden und mutigen und kompetenten Buchhandlungen, wäre die Welt arm & traurig. „Das Buch“ wird sowieso nie durch E-books ersetzt werden, sondern der Idee von Marshall McLuhan folgend, wird jede Information/literarische Äußerung wohl das ihr gemäße Medium finden - und für sehr viele Bücher und Leser bleibt das einfach Papier.


Und: Wo jetzt sogar amazon Büchläden eröffnet, Second Hand Buchläden aka Antiquariate boomen (vor allem in USA) geht die Zukunft des Buchs in eine weitere Runde. Und dieses Buch ist Ausdruck von Mut und Liebe und dem Gelingen von leidenschaftlichen Entscheidungen, die man dann auch durchhält, wenn es heiß wird.