write., div. Autoren, guardianbooks, 157 Seiten

Autorenhandbücher helfen nicht zu schreiben. Sie helfen vielleicht manchem beim Schreiben - also im Prozess, wenn man schon unterwegs ist und die Welle surft. Davor gehört die Lektüre eines Ratgebers, “Wie schreibt man einen Roman“ oder von Erfahrungsberichten anderer Schreibender zur Prokastination des Anfangs, der Mitte oder des Endes des eigenen Buchs - genau wie Putzen und CDs sortieren, ALLE Internetaktivitäten oder endlich den Keller ausräumen.


Ein befreundeter Drehbuchautor sagte mal: Die eigentliche Schwierigkeit ist Akt 2 des Schreibens. Den ersten Teil bekommt jeder irgendwie hin (wenn er denn anfängt): einen schönen ersten Satz, eine gute Idee. Aber wie bringt man das zu Ende, trägt es über ein ganzes Buch, wie soll es ab Seite 15 weitergehen, oder ab Seite 50? Hier kann ein Buch wie das dichte und versiert vielseitige Buch vom Guadian helfen. Auch wenn in fast jeder der Autoren in der „My rules“ Sektion des Buchs betont: Anfangen, Weitermachen und Fertig-werden seien die wichtigsten Regeln. Alles andere ergibt sich sowieso.


Die Liste der der Schriftsteller in diesem Buch ist lang. Bekanntere und wenig bekannte, viel publizierte und Nischenschreiber, sie alle warten mit schlauen, witzigen, hilfreichen oder selbstironischen Tips auf, kapitelartig nach den den Einzelteilen eines Texts strukturiert: Anfang, Charaktere bauen, Dialog, Beschreibung mit Gehalt, Plot, Spannung, Überarbeiten.


  1. 1.Wahrheit über das Verschieben des Anfangs: „Nichtschreiben schützt vor schlechten Kritiken und der Scham über einen schlechten Text. Oder auch vor den Gedanken, dass all das Geschriebene Mist sein könnte. Der Anfang bleibt die größte Hürde.


Also gleich Morgens, als allererstes Schreiben und vor allem: Bloß nicht ins Internet - auf GAR KEINEN FALL Emails checken oder etwas im Netz „recherchieren“. (Für die charakterlich Schwachen unter uns ((das ist die ganz große Mehrheit!)), die einen Apple Rechner nutzen, gibt es ein tolles Programm: Freedom heißt es und trennt einen unwiderruflich für eine vorher festgelegte Zeit vom Internet).


Meg Rosoff empfiehlt nicht über die eigene Stimme oder das eigene Schreiben nachzudenken und stattdessen über das Leben. Dazu Risiken eingehen, Weisheit suchen (bei anderen!) und das Unangenehme konfrontieren. Was nach der Formel für ein gutes Leben klingt, bedingt offenbar auch gutes Schreiben.


Woran erkennt man schlechte Bücher (unter anderem und nur meist, nicht immer): „Bad novels are completed by their authors, overwritten, over-detailed, over-plotted.“ Hör das, Hera Lind und Ken Follet.


Wichtigster Punkt für fast alle Autoren ist die Überarbeitung. Selbst die Mär von Kerouacs „On the road“, angeblich in einem Rutsch in drei Wochen auf eine Rolle Papier gerattert, ist eben genau das: ein Mythos, längst widerlegt wie wir heute wissen. Doch es klingt für jeden, der schreibt allzu verlockend: Diese eine Idee, die den Autor quais zur Maschine macht, der fortan nicht mehr isst und schläft und in wenigen Wochen (!) einen Roman von Weltrang produziert. Leider nicht. Nein. Das wird nicht passieren. Monate bis Jahre dauert es und die Überarbeitung dann nochmals so lang.


In der „my rules“ Sektion stellen Autoren wie Roddy Doyle, Margaret Atwood, Richard Ford, AL Kennedy, Annie Proulx, Ian Rankin, Will Self oder Jeannette Winterson eine Liste von 1-10 auf. Viele dieser Regeln dürften die Autoren aber erst erkannt haben, als sie mit dem Schreiben erfolgreich abgeschlossen hatten.

Es geht vielen um viel Disziplin, weitermachen, nicht an den Leser denken, viel Lesen (aber nicht beim Schreiben), offen bleiben oder eigenwillige wie von Richard Ford, keine Kinder zu bekommen und Kollegen nichts schlechtes zu wünschen. Meist besteht die Liste aber vor allem aus einem in verschiedener Weise formuliertem „Get Going!“, Fang an! Mach weiter! Mach wie du denkst! Den eigentlichen Akt, die Idee, der berühmte Flow bleibt auch den großen Autoren ein Mysterium.


Der letzt Teil des Buchs ist den Geschichten der Geschichten gewidmet. Wie haben Autoren ihre „modern classics“ geschrieben? Das Ganze erzählt von ihnen selbst. Neben vielen anderen berichten Martin Amis, Hanif Kureishi, Terry Pratchett, Douglas Coupland oder Irvin Welsh von den Zufällen und ersten Ideen, den Einfällen und Rückschlägen ihrer Bücher. Das klingt natürlich manchmal wie Erzählungen aus einem überlebten Abenteuer, einem gewonnen Krieg und von einem, der davon gekommen ist. Am Ende stand nämlich immer ein Buch, ein erfolgreiches Buch dazu. Aber unterhaltsam und ermutigend kann das schon sein und der dumme Spruch „Alle haben mal klein angefangen“ ist plötzlich gar kein gar so dummer mehr.


Inspirierend erhellend, witzig & klar versammelt der Band allerlei Schreibstile, Autorenthemen und Genres in einem „common sense“ Kompendium über das Schreiben. Nehme sich jeder, was er braucht und bringe sein verdammtes Buch zu Ende!