Re-Read: Michel Houellebecq: Ausweitung der Kampfzone, Wagenbach 155 Seiten

Damals abgeturned von „Elementarteilchen“ gab ich diesem früheren Houellebecq eine Chance - und fand ihn gut. Nun, über 10 Jahre später liest es sich phasenweise noch immer amüsant und bitter zutreffend - aber an den letzten Roman des Franzosen, „Karte und Gebiet“ reicht das Buch nicht heran. Was ja in jedem Fall für den Autor spricht, seine Aktualität und Entwicklung.


Manches erinnert in diesem Roman vom Tod eines Angestellten (auch wenn der eher zum Zombi wird) an die Lektüre von „Johann Holtrop“, die triste Angestelltenwelt, die Banalität des Etwas-Erreichen-Wollens, dem sich die namenlose Hauptfigur (ihn „Held“ zu nennen, wäre zugleich unpassend wie akkurat) mit Resignation und Depression entzieht. Er reist nur beruflich durchs Land um irgendeine Software zu unterrichten, hat keine Freunde, keine Frau, keinen Sex, keinen rechten Antrieb mehr.

Wo Holtrop ganz oben mitspielen, das große Rad drehen will und dann daran verreckt, denkt dieser Mann zu viel an Sex, den er nie haben wird und entwickelt allmählich Rachefantasien den Frauen gegenüber, die ihn (und seinen hässlichen Freund) abweisen. Er mutiert immer mehr zur Kaulquappe zu einem zappelnden Etwas ohne Geschlecht. Selbst die Versuche, sich noch unglücklichere, vermeintlich einsamere, noch weniger schöne Frauen, zu suchen, scheitern. In einer Klapse findet sich Houllebecqs Figur ebenso wie Holtrop irgendwann. Dass es danach besser würde für die beiden, kann man nicht sehen.


Manchmal lachte ich über die treffende Formulierung des schalen Lebens in der Welt der Arbeit oder über den Ekel angesichts des lächerlichen Treibens und Redens, der Rituale und hohlen Phrasen, die man so in einem Arbeitsleben anhäuft.

„Ich habe so wenig gelebt, dass ich zur Vorstellung neige, ich würde niemals sterben; kaum zu glauben, dass sich ein Menschenleben auf so wenig beschränken kann. Trotzdem stellt man sich vor, dass früher oder später noch etwas passieren kann. Ein schwerer Irrtum. Das Leben kann durchaus leer und kurz zugleich sein.“


Ein dichtes, dann wieder skizzenhaftes Buch, eine Analyse des Mensch in der Revolte am Ende des vergangenen Jahrtausends. „Drei Stunden verbringe ich mit dem Zerstückeln des Verpackungskartons meines Hamburgers. Eher ziellos, weshalb das Ergebnis enttäuschend ist. Reine Zerstückelung, nichts als Zerstückelung.“

Ein Resümee, das auf mehr passt als die sinnlosen Stunden dieses Mannes.